Ein neuer Internet-Trend erobert Deutschland: die „Biernominierung“. Junge Menschen trinken vor laufender Kamera eine Halbe Bier auf ex und bestimmen über Facebook Freunde, die es ihnen gleichtun sollen. Auch in der Region ist das Phänomen längst angekommen.
Rosenheim – Vor drei Jahren war es „Planking“: Menschen veröffentlichten Fotos von sich im Internet, auf denen sie steif wie ein Brett an gewöhnlichen und ungewöhnlichen Orten lagen. Dann kam der Harlem Shake: Menschen stellten Videos ins Netz, in denen sie unvermittelt von Alltagssituationen in einen wilden Schütteltanz übergingen. Nun rollt eine neue Lawine durch die sozialen Netzwerke: die „Biernominierung“.
Es sind zumeist Jugendliche, die in Video-Filmchen zu sehen sind, wie sie eine Flasche oder ein Glas Bier in einem Zug austrinken und danach drei weitere Kontakte nominieren. Die ausgewählten Freunde haben dann 24 Stunden Zeit, um ebenfalls ein Bier auf ex zu leeren, ein Beweis-Video hochzuladen und weitere Kontakte dazu einzuladen. Das Ganze funktioniert wie ein Kettenbrief – und das höchst erfolgreich. Zehntausende derartige Videos sind in den vergangenen drei Wochen im Internet gelandet.
Dass der Trend auch in Rosenheim und Umgebung angekommen ist, kann jeder Facebook-Nutzer selbst erleben. „Ich sehe jeden Tag Videos von Jugendlichen aus Rosenheim, die eine Halbe kippen“, sagt Benjamin Grünbichler von der Rosenheimer Präventions- und Suchthilfestelle Neon. Der Suchttherapeut sieht das Thema kritisch, auch wenn die „Biernominierung“ seiner Meinung nach nichts mit einer Suchtproblematik zu tun hat: „Da geht es eher um Alkoholmissbrauch.“ Gefährlich werden könne es, wenn Leute mehrfach nominiert werden oder es aber nicht beim Bier bleibt. „Und man darf nicht vergessen: Nicht alle, die mitmachen, sind schon volljährig. Man kann da auch sehr junge Teilnehmer sehen“, so Grünbichler.
Doch was macht den Erfolg dieses Phänomens aus? Die Motivation der jungen Leute ist nach Grünbichlers Einschätzung recht unterschiedlich: Die einen machen mit, weil sie das Ganze einfach lustig finden. Manche empfinden aber auch den Gruppendruck als so groß, dass sie sich nicht entziehen können. „Da geht es um ein jugendtypisches Thema: Gehöre ich dazu oder gehöre ich nicht dazu?“, meint Grünbichler.
Interessant aus Sicht des Suchttherapeuten: Es gibt durchaus Jugendliche, die sich verweigern und dies auch via Facebook begründen. Die einen wollen sich explizit dem Gruppendruck entziehen, andere finden den obligatorischen Rülpser danach „abtörnend“. Und manche haben auch Bedenken wegen des Datenschutzes: „Viele sind sich klar, dass sich das vielleicht nicht nur die Kumpels anschauen“, so Grünbichler.
Mittlerweile sind sogar erste Gegenbewegungen zu beobachten: „Ich wurde beispielsweise dazu nominiert, einen Apfel auf ex zu essen“, sagt Grünbichler.
Gegenaktion: Nominiert für gute Tat
Die OVB-Heimatzeitungen rufen ebenfalls zu einer Gegenkampagne auf: „Nominiere drei Freunde zu einer guten Tat“, heißt die Aktion, die heute im OVB-Facebook-Auftritt startet. Mehr Einzelheiten erfährt man unter www.facebook.com/ovb.heimatzeitungen. Man kann auch einfach Fotos oder Videos per E-Mail an die Adresse facebook@ovb.net schicken. ku
Quelle: OVB Online